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Montagsspiele in der zweiten Liga: Abschaffung ist wie die Rückkehr von Friedrich Merz

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Kann man nach 25 Jahren von einer Tradition sprechen? Falls ja, dann hat die DFL mit der Abschaffung der Montagsspiele in der zweiten Liga mit einer Tradition gebrochen. Die Entscheidung wirkt wie aus der Zeit gefallen.

Protest gegen Montagsspiele beim Spiel Werder Bremen gegen 1. FC Köln in März 2018

Es gibt ein paar Gewissheiten, die sind für Fans alter Schule unverhandelbar: Dass etwa Arminia Bielefeld ein Traditionsverein ist, Bayer Leverkusen aber nicht. Dass Vereine und Verbände den Fußball ausverkaufen und kaputtmachen. Und, der Klassiker: Dass die Zerstückelung der Spieltage familien-, freizeit- und fanfeindlich ist. Erst vergangenes Wochenende haben die Anhänger aus Protest (vor allem) gegen die Montagsspiele 45 Minuten lang geschwiegen. Ironischerweise wurde erst kurz zuvor beschlossen, die ungeliebten Partien zu Beginn der Woche wieder zu streichen.

Schluss mit “Scheiß Sport 1”

Der Stimmungsboykott blieb dennoch nicht unerhört: Am Dienstag danach hat die Deutsche Fußballliga (DFL) bekanntgegeben, dass auch die Montagsspiele in Liga 2 abgeschafft werden. Nach 25 Jahren. Damit bricht die DFL gewissermaßen auch wieder mit einer Tradition – nur eben mit einer angeblich so “ungeliebten”. Nach einem Vierteljahrhundert können nun die Protestplakate von den Stadionzäunen abgehangen werden. Schluss mit “Scheiß Sport 1”. Ist das eine gute Nachricht? Sie fühlt sich an wie das Comeback von Friedrich Merz in der Politik: unerwartet und aus der Zeit gefallen.

Als wollte die DFL Rücksicht auf diejenigen “Traditionalisten” nehmen wollen, für die nur das erhaltenswert ist, was 30 Jahre oder länger existiert. Nur mal so nebenbei: Arminia Bielefeld wurde 1905 gegründet und hat 17 Jahre in der Bundesliga gespielt. Bayer Leverkusen wurde 1904 gegründet und spielt seit fast 40 Jahren ununterbrochen erstklassig. Vereine wie der FC St. Pauli hängen nur deswegen nicht mehr am Tropf und an der Willkür einzelner Mäzene, weil sie sich der Kommerzialisierung geöffnet haben.

Kein Live-Fußball vor dem Montagsspiel

An den Spieltagsansetzungen, Jüngere und Ältere mag das überraschen, wurde schon immer herumgedoktert. Die Zeiten, an denen nur am Samstag, 15.30 Uhr, gespielt wurde, sind lange her und dauerten auch nicht besonders lange. Es gab Zeiten, als Freitagsabends gekickt wurde, und es gab Phasen, in denen am Freitag keine Spiele stattfanden. Es gab Zeiten, als im Winter noch durchgespielt werden musste und sogar Silvester der Ball rollte. (1964: 1. FC Nürnberg gegen VfB Stuttgart). Bis zur Einführung des Montagsspiels 1993 gab es bis auf internationale Partien (Europapokal und Länderspiele) so gut wie gar keine Live-Spiele im frei empfangbaren Fernsehen – und danach auch nicht.

Sicher: Für die Auswärtsfans war der Montagstermin die Pest, aber sie wurden (neben den Heimfans und den TV-Zuschauern) nicht selten mit einem stimmungsvollen Flutlichtspiel entschädigt. Leider wohnen die allermeisten Fußballfans aber abseits von Hochburgen wie München, Köln und Dresden; sie gehen auch nur selten bis nie ins Stadion, geschweige denn auf Aufwärtsfahrt und hätten ohne (freies und Bezahl-)Fernsehen nicht die Möglichkeit, ihren Verein zu sehen. 

Beruhigungspille für Dauernörgler

Abgesehen davon: Das eigentliche Problem, die Inflation und Entwertung des Spiels mit immer neuen Wettbewerben wie der Europa League II, der Nations League und der Klubweltmeisterschaft sowie der Aufblähung von EM und WM, löst die Deutsche Fußball Liga so nicht. Stattdessen wirft sie den Dauernörglern eine Beruhigungspille hin, um die breite Masse weiter mästen zu können.

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