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Wie Herzpatienten durch eine digitale Betreuung länger zuhause bleiben können

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Moderne Technik erleichtert Medizinern wie Patienten das Leben.

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WIESBADEN – Etwa 2,5 Millionen Menschen leiden an einer chronischen Herzschwäche. Die jährlichen Therapiekosten summieren sich auf mehr als fünf Milliarden Euro. Etwa 60 Prozent dieser Kosten werden für stationäre Leistungen ausgegeben. Aber eigentlich müsste nur jeder fünfte Betroffene im Krankenhaus aufgenommen werden.

Hochrisikopatienten: IStudie belegt Lebensverlängerung

„Die Ergebnisse einer Studie haben nun gezeigt, dass ein telemedizinisches Betreuungskonzept bei einer Gruppe von Hochrisikopatienten zu einer Lebensverlängerung und zu weniger Krankenhausaufenthalten führt“, berichtet Professor Friedrich Köhler, Leiter des Zentrums für kardiovaskuläre Telemedizin an der Charité Berlin. Die Testpatienten erhielten vier telemedizinische Messgeräte – EKG mit Fingerclip, Blutdruckmessgerät, Waage und Tablet zur Selbsteinschätzung und Übertragung der Werte an ein Telemedizinzentrum. Dort wurden die Werte rund um die Uhr ausgewertet und bei verschlechtertem Gesundheitszustand entsprechende Ratschläge an die Patienten gegeben.

Ein zunehmendes Problem bei der Versorgung von Herzpatienten ist der Mangel an niedergelassenen Kardiologen im ländlichen Raum. Das telemedizinische Konzept ist nach Einschätzung von Köhler geeignet, Versorgungsunterschiede zwischen Stadt und Land in diesem Fall auszugleichen und insgesamt die Versorgungsqualität zu verbessern. Die Untersuchung mit bundesweit 113 kardiologischen Einrichtungen und 87 Hausärzten ist nach seiner Überzeugung auch im internationalen Rahmen eine „Meilensteinstudie für die Digitale Medizin“. Die Chancen, Risiken und Perspektiven der Digitalen Medizin sind Themenschwerpunkt des Internistenkongresses vom 4. bis 7. Mai in Wiesbaden.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) mit ihren 26 000 Mitgliedern geht in einem Positionspapier davon aus, dass die zunehmende Digitalisierung die Medizin in den kommenden Jahren durchgreifend verändern wird. Die kontinuierliche Erfassung von Patientendaten, die Hilfe von Computerprogrammen bei der Diagnose und Therapiefestlegung oder die Überwachung der Arzneimittelwirkung werden laut DGIM eine Debatte über den Stellenwert des Arztes erfordern. Dabei gehe es um Fragen der Datenqualität, des Datenschutzes und der Datensicherheit. „Auch der Wettstreit um die Entscheidungshoheit in Fragen der Digitalisierung zwischen Medizin, Politik und Industrie braucht unsere Aufmerksamkeit“, heißt es. Eine zu starke Fokussierung auf die rein wirtschaftliche Seite von Medizin könne negative Auswirkungen auf die ärztliche Praxis und die Versorgung von Patienten haben. Die Internisten haben eine Task Force „mobile health“ eingesetzt, die Qualitätskriterien für die Bewertung von gesundheitsrelevanten Smartphone-Apps erstellen soll.

„Medizinisches Wissen wächst derart schnell, dass es für das menschliche Gehirn faktisch nicht mehr in seiner Gänze erfassbar ist“, berichtete Dr. Martin Hirsch, Gründer der ADA Health GmbH in Berlin. Künstliche Intelligenz könne helfen, das Wissen nutzbar zu machen. Das als App auf dem Smartphone verfügbare digitale Diagnosesystem ADA kombiniere medizinisches Fachwissen mit einer Software, um so die wahrscheinlichsten Gründe für Gesundheitsbeschwerden herauszufinden. Der Firmengründer wehrt Bedenken ab: „Die Einführung von künstlicher Intelligenz in den Versorgungsalltag der Menschen kann nur gemeinsam und nie gegen die Ärzte funktionieren.“

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