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Wirtschaft zittert: Konjunktur und Jobs auf der Kippe

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Massiver Abbau von Stellen bei großen Konzernen – das führt zu Verunsicherung. Der Mittelstand spürt erste Auswirkungen. Aber: In der Rhein-Main-Region läuft es meist stabil, sagen Experten.

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RHEIN-MAIN – Sommer, Sonne, Urlaubszeit. Erholung ist derzeit das große Thema der deutschen Arbeitnehmer. Jobabbau freilich das der Arbeitgeber, vornehmlich großer Konzerne. Und ein Menetekel? Fakt ist: Selten kamen so viele Negativnachrichten so geballt. Gleich ob von BASF, Bayer, Daimler, Deutsche Bank, Ford, Lufthansa, Opel, Siemens, Thyssen-Krupp, VW und anderen garniert mit skeptischen Prognosen von Experten. Das Ifo-Institut erwartet, dass die Kurzarbeit deutlich anziehen wird. Europas größte Volkswirtschaft muss sich offenbar vom Jobwunder verabschieden, selbst wenn die Bedeutung der 100 führenden Unternehmen statistisch sinkt, so die Monopolkommission. Bei der Wertschöpfung steuern die Top-Adressen danach nur noch rund 15 Prozent bei, und 13 Prozent der Vollzeitstellen.

Stichproben in der Region: Wie sicher ist mein Job?

Davon sollen jetzt freilich viele Tausend wegfallen. Wirtschaftsfachleute nennen das „Industrie-Rezession.“ Sagen aber nichts zur Ansteckungsgefahr. Die freilich ist so real wie im Büro, wenn der Kollege hustet und schnieft. Andererseits mahnt Dr. Peter Kühnl von der IHK Darmstadt als zweitgrößter Kammer Hessens zu einer gewissen Gelassenheit: „Schlechte Nachrichten machen noch keine Rezession.“ Man müsse noch nicht Alarm schlagen. Kurt Schmitt von der IHK Gießen-Friedberg sieht es ähnlich. Es laufe nicht mehr so großartig, aber im Abschwung sei man noch nicht. Und für Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, ist „die Grundlage der deutschen Wirtschaft nach wie vor sehr solide.“

In den engmaschigen Produktions-Netzwerken spürt der Mittelstand gleichwohl erste Auswirkungen. Beispielsweise in der Logistik. Offiziell will man sich nicht äußern. Namhafte Adressen in der Rhein-Main-Region wie Boehringer Ingelheim, Merck oder Schott aber sind nach einer VRM-Umfrage insgesamt stabil unterwegs – auch auf der Personalseite. Die flaue Konjunktur ist jedoch in Hessen und Rheinland-Pfalz am Arbeitsmarkt zu erkennen: Die Dynamik ist weg, selbst wenn im Mittelstand die Aufnahmebereitschaft für Fachleute weiter vorhanden ist. Denn die Auftragsbücher sind noch gut gefüllt – neue Orders gehen aber teilweise deutlich zurück und machen Sorgen. Die von US-Präsident Trump angeheizten Handelskonflikte sind nicht ausgestanden, der Umbau der Autoindustrie als Schlüsselbranche mit Abstrahleffekten ist in vollem Gange ebenso wie die generelle Digitalisierung der Wirtschaft als Jobkiller.

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Investitionen – weniger oder anders

Die Unsicherheit registriert auch der Maschinenbau, weil weniger oder anders investiert wird. Mit über einer Million Mitarbeitern und 200 Milliarden Umsatz ist das der wichtigste Wirtschaftszweig. 2019 wollte man zwei Prozent wachsen, jetzt schrumpft die Produktion in dieser Größenordnung. Auch in der Chemie wurde der Daumen gesenkt.

Die Exportnation Deutschland und die Exportregion Rhein-Main aber sichert den Wohlstand durchs Auslandsgeschäft und finanziert damit letztlich Bau- und Konsumboom im Inland. So wundert es nicht, dass das fast vergessene Thema Insolvenzen wieder eines ist. Eine Pleitewelle wie 2009 wird nur deshalb nicht erwartet, weil viele Betriebe in zehn Boomjahren Speck angesetzt haben. Die Sparkassen nennen einen Rekordwert beim Eigenkapital von 40 Prozent. Zudem lässt sich angesichts der EZB-Nullzinspolitik glänzend auf Pump leben, so Creditreform. Das Aus für solche „Zombie-Firmen“ ist freilich nur eine Frage der Zeit.

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