Wirtschaft

Digitalisierungszuschuss als Glückslotterie

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Der Digitalisierungszuschuss des Landes Hessen ist nach wenigen Minuten vergriffen. Das Wirtschaftsministerium reagiert auf die Kritik an dem Prinzip Windhundrennen.

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WIESBADEN – Windhundrennen um Landesförderung. Michael Finkenberg, Vertriebschef der Lobo Trans Borgfeldt Transporte in Bad Hersfeld, ist völlig entnervt. Den ausgelobten Digitalisierungszuschuss des Landes Hessen für mittelständische Firmen hätte das Unternehmen gut gebrauchen können, um die Auftragsbearbeitung und Fahrzeugflotte zu vernetzen. Doch die Crux ist das Förderverfahren, denn die Anträge werden nur an bestimmten Stichtagen entgegengenommen. An diesen Tagen war das Förderportal im Internet aber nach wenigen Minuten geschlossen, die gesamte Fördersumme der jeweiligen Tranche komplett vergeben worden.

„Schon aufgrund der schlechten Internetverbindung sind wir benachteiligt“, kritisiert Finkenberg. Auch der Berater Christoph Österling vom gleichnamigen IT Systemhaus in Dieburg teilt die negativen Erfahrungen. „Unsere Kunden sind maximal frustriert, sie hatten sich pünktlich im Netz angemeldet, sind aber nicht weit gekommen.“ Viele Unternehmen hätten deshalb ihre Investitionen in die Digitalisierung zurückgestellt.

Von einer „Glückslotterie“, die den Firmen böse aufstößt, berichtet auch der Digitalisierungsberater der Handwerkskammer, Roman Freund, in Wiesbaden. „Mit der Förderung hat das Land offensichtlich einen Nerv getroffen; das Programm hilft insbesondere kleinen Unternehmen auf dem Weg zur Digitalisierung“, sagt der Geschäftsführer des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK), Robert Lippmann, in Wiesbaden. Doch bei der zum Engpass gewordenen Vergabe müsse nachgesteuert werden.

Beim hessischen Wirtschaftsministerium in Wiesbaden sind die Klagen der Unternehmen angekommen. „Wir arbeiten an einem neuen Vergabeverfahren“, erläutert ein Ministeriumssprecher auf Anfrage in Wiesbaden. Das Registrierungsportal für Anträge zur dritten Tranche am 9. September 2019 soll den Plänen zufolge künftig den ganzen Tag über geöffnet bleiben. Das heißt, das Anmeldeportal wird nicht mehr automatisch geschlossen, sobald die Fördersumme ausgeschöpft ist. „Wir wollen von dem Prinzip wegkommen, dass wer zuerst kommt, auch zuerst die Förderung abgreift“, erläutert der Sprecher. Noch stehen auf der Förderwebseite allerdings die alten Bedingungen.

Die 2019 zur Verfügung stehenden Mittel für den Digitalisierungszuschuss werden laut Ministerium von fünf auf sieben Millionen Euro aufgestockt. Beim dritten und in diesem Jahr letzten Förderaufruf werden drei Millionen Euro vergeben.

„Der Digitalisierungszuschuss kann ein Türöffner für kleinere Betriebe sein“, begrüßt Handwerkskammer-Berater Freund das Programm. Wenn Digitalisierung aber als das Top-Thema ernst genommen werde, müsste die Unterstützung ausgeweitet werden. „Vielleicht lassen sich ja Gelder umschichten, wenn der Digi-Zuschuss sich so großer Beliebtheit erfreut, andere Fördertöpfe aber nicht?“, fragt HIHK-Geschäftsführer Lippmann.

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