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Stichproben in der Region: Wie sicher ist mein Job?

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Viele Arbeitnehmer in der Region sind verunsichert angesichts des Stellenabbaus. Da gleichzeitig weiter Fachkräfte gesucht werden, ist das widersprüchlich. Bietet aber auch Chancen.

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DARMSTADT/MAINZ – . Die Jobangst geht in Deutschland wieder um, nachdem viele große Konzerne einen Abbau von Stellen jeweils in mindestens vierstelliger Höhe bekannt gegeben haben. Eine nicht repräsentative Umfrage in der erweiterten Rhein-Main-Region, ökonomisches Kraftzentrum in Deutschland und Europa, kann das aktuell so zwar nicht bestätigen. Aber auch hier wächst die Unsicherheit. Eher sei es eine Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau, was sich gerade abspiele, heißt es dazu bei Industrie- und Handelskammern der Region. Die Situation biete aber auch Chancen für den Mittelstand. Denn Experten, die bei Konzernen ausscheiden, könnten so neue Aufgaben finden und die Fachkräftelücke schließen helfen.

Für Professor Werner Stork von der Hochschule Darmstadt, Spezialgebiet Personalmanagement, ist das kein unrealistisches Szenario: “Meine Beobachtung ist, dass viele über 50-Jährige in den großen Konzernen frustriert sind. Sie sind müde und genervt von den ständigen Strategiewechseln, den Restrukturierungen und vom ‘Optimierungsprogramm’ mit externen Beratern. Sie wollen aber andererseits auch nicht mit einer Abfindung daheim maximalgärtnern”. Spezielle Angebote insbesondere für Techniker und Ingenieure könnten hier locken, so Stork.

Von Boehringer Ingelheim werden sie wohl zunächst nicht kommen. Beim größten forschenden Pharmaunternehmen in Deutschland (Umsatz 17,5 Milliarden Euro) stieg die Mitarbeiterzahl hierzulande binnen Jahresfrist per Ende Juni auf 15 354 (Vorjahr: 14 967), am Stammsitz auf 8500 (8261). Für das laufende Geschäftsjahr geht man von einem leichten Umsatzplus und weiterhin intensiver Investitionstätigkeit aus. Auch beim Darmstädter Dax-Konzern Merck KGaA sieht es stabil aus. Zum 30. Juni waren für den Spezialchemie- und Pharmahersteller in Deutschland 13 643 (13 562) Mitarbeiter tätig, davon 11 439 (11 330) in Darmstadt. Und bis 2025 wird eine weitere Milliarde am Stammsitz Darmstadt investiert. “Damit einhergehend weiten wir die Beschäftigungsgarantie bis Ende 2025 aus”, so ein Sprecher.

ARBEITSMARKT

Im Juni 2019 waren in Hessen 147 280 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet (Quote: 4,3 Prozent) bei 2,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – Allzeithoch. In Rheinland-Pfalz stehen 96 200 Erwerbslosen (4,3 Prozent) 1,4 Millionen echte Jobs gegenüber.

Brigitta Schenz von der Mainzer Werner&Mertz GmbH, die vor allem Haushaltsreiniger produziert, zeigte sich zuversichtlich. Ende Mai sei ein 30 Millionen teures Produktionszentrum eröffnet worden. “Wir rechnen weiter fest mit steigenden Umsatzzahlen – vor allem durch die Produkte unserer Dachmarke Frosch. So wird in keinem Fall Personal abgebaut, sondern noch im Laufe des Jahres werden neue Mitarbeiter eingestellt, um der wachsenden Nachfrage gerecht werden zu können”. Am Stammsitz in Mainz arbeiten rund 500 Mitarbeiter, in Deutschland 643 und europaweit etwas über 1000.

Und auch Jürgen Steiner vom Glasspezialisten Schott AG in Mainz kann Entwarnung geben. “Nein, wir planen derzeit keinen Personalabbau. Wir haben in Deutschland über 100 offene Stellen ausgeschrieben und wollen diese auch besetzen”. Zur Jahresmitte waren am Stammsitz 2850 Frauen und Männer tätig, 150 mehr als im Vorjahr. Deutschlandweit sind es 5700 (plus 250).

Der Weinheimer Mischkonzern Freudenberg, der zuletzt 9,5 Milliarden Euro umgesetzt hat und das zu 44 Prozent in der Auto-Erstausrüstung, hat sich bereits bei der Planung für 2019 auf das herausfordernde gesamtwirtschaftliche Umfeld eingestellt. Man agiere vorsichtig – auch bei Neueinstellungen. “Derzeit sind aber keinerlei Initiativen zum Personalabbau bekannt”, hieß es. Beschäftigt werden in Deutschland 12 000 Mitarbeiter, davon etwa 5000 in Weinheim.

Der exportlastige Technologiekonzern Schunk Group (Heuchelheim bei Gießen), der 40 Prozent des Umsatzes von 1,3 Milliarden Euro mit der Autobranche erzielt, spürt, dass es dort “nicht mehr so rund läuft.” Weil man auch Produkte fürs E-Autos im Portfolio hat, fällt der Bestellrückgang nicht so stark aus. Personelle Anpassungen seien nicht geplant, so ein Sprecher. Von den 8500 Beschäftigten arbeiten 2000 in Mittelhessen.

Die Software AG in Darmstadt, zweitgrößte Denkfabrik hierzulande, hatte Ende Juni 1383 (1318) Experten in Deutschland an Bord. In der Zentrale sind es 778 (761). Ein Stellenabbau ist kein Thema. Vielmehr sollen die Mitarbeiter noch deutlicher in den Mittelpunkt gestellt werden, hieß es, um auch zukünftig die besten Talente zu gewinnen.

Schwieriger sieht es bei der Leica Camera AG (Wetzlar) aus. Am Stammsitz werden zusätzlich zehn Millionen in digitale Technologien investiert. Und es wird umstrukturiert. Deshalb werden 2019 voraussichtlich 80 Arbeitsplätze abgebaut – und im Digitalbereich 40 neue geschaffen. Leica beschäftigt 1800 Mitarbeiter bei 400 Millionen Euro Umsatz.

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