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Lieber @Potus

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Eine katholische Nonne twittert jeden Tag ein Gebet an den US-Präsidenten – es ist ihre Art von Widerstand gegen die Politik von Donald Trump.

Die Politik des US-Präsidenten Donald Trump gefällt der Nonne nicht.

Die Nonnen in Amerika haben es mit Donald Trump. Vor den Kongresswahlen Anfang November tourten 30 katholische Ordensschwestern aus Los Angeles mit einem Bus durchs Land, genauer durch 21 Bundesstaaten, um gegen die Politik des US-Präsidenten zu protestieren, vor allem gegen seine Steuerreform, die ihrer Ansicht nach nur den Reichen nutze. Ihr Ziel: Trumps Luxusanwesen Mar-a-Lago in Florida. Die Medienaufmerksamkeit war ihnen gewiss.

Schwester Susan Francois hat einen anderen Weg gewählt, ihrer Besorgnis über den Präsidenten und seine Politik Ausdruck zu verleihen. Sie betet seit dessen Amtsantritt für Donald Trump, jeden einzelnen Tag. Auf Twitter – in erbaulichem Ton, aber mit kaum verhüllten Ermahnungen.

Am Freitag, Tag 678 ihrer spirituellen Übung, schrieb sie ihm zu Beispiel: „Lieber @POTUS. 678 Tage später bete ich immer noch dafür, dass Sie die ungeheure Verantwortung verstehen und zu würdigen versuchen, die Ihnen für jetzige und künftige Generationen anvertraut wurde, und dass dies Ihre Handlungen und Ihre Rhetorik zum Wohle aller verändert.“

Am Tag 667 wünschte sie dem US-Präsidenten und „allen anderen Anführern“, dass sie „für die Geschlossenheit arbeiten, den Frieden fördern und die Spaltung heilen, die entsteht, wenn (tatsächliche und sprichwörtliche) Mauern gebaut werden, die isolieren und trennen“.

Manchmal gerät sie beim Zählen durcheinander, immerhin twittert sie ja auch noch anderes, leitet Botschaften des Papstes weiter oder berichtet über ihr Leben als Nonne. Aber wenn ihr Fehler unterlaufen dann korrigiert sie sich offenherzig selbst – und teilt das Trump auch mit, als gutes Beispiel natürlich. Ihre tägliche Übung sei die „härteste spirituelle Praxis“, zu der sie sich jemals verpflichtet habe, sagte Schwester Susan der „New York Times“. Die 46-jährige Nonne gehört den Schwestern von St. Joseph of Peace an, einer römisch-katholischen Ordensgemeinschaft, die 1884 in England gegründet wurde.

Sie benutzt bewusst den offiziellen Twitter-Account Potus

Schwester Susan ist klar, dass der Präsident ihre höchstens 140 Zeichen langen Botschaften, die sie bewusst an seinen offiziellen Twitter-Account Potus (Abkürzung für President of the United States) adressiert, wahrscheinlich nicht liest und dass ihr Einfluss auf seine Politik wohl eher gering bleibt. Aber das hält sie nicht ab zu beten.

Ihren ersten Tweet nach Trumps Amtsantritt habe sie nur für sich selbst abgesetzt, erzählt sie, als beruhigende spirituelle Übung, um dem ganzen Negativen etwas entgegenzusetzen. Angesichts all der Diskussionen über „alternative Fakten“ und Ähnliches habe sie befürchtet, verrückt zu werden. Das Beten habe ihr geholfen.

Sie ist nicht die einzige Nonne, die für den amerikanischen Präsidenten betet, aber durch die Art, wie sie es tut, und dass sie dafür seine bevorzugte Kommunikationsform benutzt, sticht sie hervor. Und trotz aller schwesterlichen Bescheidenheit hat sie gehörig Sendungsbewusstsein: Sie will gehört werden, zumindest hofft sie, dass ihre Tweets archiviert und damit der Nachwelt erhalten werden. Immerhin empfindet sie sich ja als Widerstandskämpferin.

Sie sieht sich als Widerstandskämpferin

Der „Times“ sagte sie: „Aus meinen Forschungen über Widerstand als Antwort auf Ungerechtigkeit habe ich gelernt, wie wichtig es für die Geschichtsschreibung ist, zu wissen, dass die normalen Leute nicht weggeschaut haben.“ Sie wolle, dass festgehalten werde, dass eine katholische Nonne ein gewaltfreies Gebet an den Präsident twitterte.

„An einem kalten Januartag bin ich aufgewacht, und mir ist klar geworden, dass ich in einer neuen Beziehung lebe.“ So beginnt ihr Aufsatz für die katholische Nachrichtenseite „Global Sisters Report“ aus dem vergangenen Jahr, in dem sie ihre Mission beschrieben hat. „Ganz egal, für wen wir bei der Präsidentschaftswahl im November gestimmt haben oder was wir persönlich über den Zustand und die Integrität unseres Wahlprozesses denken, wir haben einen neuen Mann in unserem Leben: Donald J. Trump, die Person, die am 20. Januar 2017 als Präsident der Vereinigten Staaten eingeschworen wurde.“

Susan Francois protestierte auch gegen frühere Präsidenten

Es sei nicht das erste Mal, dass sie mit der Politik aus dem Weißen Haus nicht einverstanden sei. Sie habe auch gegen Politikentscheidungen von Bill Clinton oder George W. Bush protestiert, per Mail, Anrufen oder auf der Straße. Jetzt nutze sie eben die modernen Kommunikationsmittel, schrieb sie. Und glaube fest an die Kraft des Gebetes.

Knapp zwei Jahre nach Trumps Amtsantritt haben ihre Gebete allem Anschein nach noch nicht allzu viel bewirkt: Weder hat sich seine Rhetorik stark verändert, noch hat sich die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft verringert. Aber wie heißt es so schön: Wunder gibt es immer wieder.

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