Wirtschaft

Opel-Astra-Produktion soll nach Rüsselsheim zurückkehren

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2021 soll es soweit sein: Der Opel Astra kehrt zurück nach Rüsselsheim. Der Haken: Der Autobauer plant Insidern zufolge, die technische Fertigungskapazität – also den maximal möglichen Ausstoß – des Stammwerkes um ein Drittel zu senken.

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RÜSSELSHEIM – Gute und schlechte Nachrichten bei Opel. Die Gute: Nach Informationen dieser Zeitung soll die Produktion des Astra nach Rüsselsheim zurückkehren, die dort 2015 ausgelaufen war. Seit Jahren wird dem Stammwerk ein weiteres Modell versprochen. Die ersten Ankündigungen gab es schon unter Ex-Chef Karl-Thomas Neumann 2014. Unklar war bislang, welches Modell konkret zu welchem Zeitpunkt nach Rüsselsheim kommen soll. Das rund 3000 Mitarbeiter starke Werk braucht unbedingt mehr Produktionsvolumen, die Auslastung ist dürftig.

Die schlechte Nachricht: Mit der Rückkehr des Astra soll die technische Fertigungskapazität des Stammwerkes – also der maximal mögliche Ausstoß – Firmenkreisen zufolge um ein sattes Drittel von 60 auf 40 Fahrzeuge pro Stunde reduziert werden. In einer Resolution der IG-Metall-Vertrauensleute bei Opel, die dieser Zeitung vorliegt, ist ebenfalls von einer geplanten Verringerung die Rede. Die Reduzierung der technischen Kapazität wäre ein tiefer und dauerhafter Eingriff. Opel hat zwar bereits die Produktion in Rüsselsheim deutlich zurückgefahren, dies aber flexibel mittels sogenannter Abtaktungen. Die technische Kapazität wurde bislang nicht angerührt.

Weitere Zugeständnisse bei Entlohnung und Arbeitszeit?

Das soll sich nun offenbar ändern – um die Investitionskosten drücken zu können, wie es in Firmenkreisen heißt. Die IG-Metall-Vertrauensleute gehen auf die Barrikaden. „Diese Schrumpfungsstrategie für das Stammwerk werden wir nicht akzeptieren“, steht in der Resolution. Außerdem will das Opel-Management die Astra-Zusage Insidern zufolge an weitere Zugeständnisse bei Entlohnung und Arbeitszeit knüpfen. Aus Werkskreisen ist zu hören, dass die Belegschaft gegen diese Forderung bereits Sturm läuft.

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Wie es weiter heißt, soll der Astra mit dem Start der neuen Generation des Kompaktmodells ab 2021 in Rüsselsheim vom Band laufen. Und zwar auf einer Plattform des französischen Mutterkonzerns PSA. Das Stammwerk soll demnach allerdings nicht die komplette Astra-Produktion bekommen, sondern die Varianten mit der Lenkung auf der linken Seite für den Rechtsverkehr in Kontinentaleuropa. Die Fertigung der sogenannten Rechtslenker für den enorm wichtigen britischen Markt solle im britischen Opel-Werk Ellesmere Port bleiben, ist zu hören.

Die Rüsselsheimer Produktion verliert allerdings zunächst ein Modell. Denn in diesem Sommer läuft im Stammwerk die Fertigung des Familienvans Zafira Tourer aus. Der Standort hat dann lediglich noch das Mittelklasse-Modell Insignia im Portfolio. Der Astra wird bislang auch im polnischen Opel-Werk Gliwice gebaut. Nach Informationen dieser Zeitung sollen in Polen nach dem Wechsel der Astra-Produktion nach Rüsselsheim Nutzfahrzeuge vom Band laufen.

Opel: “Wollen Auslastung unserer Werke weiter verbessern”

Opel gab dazu folgende Stellungnahme ab: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Spekulationen nicht kommentieren. Grundsätzlich gilt: Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit und Auslastung unserer Werke weiter verbessern, dies gilt natürlich auch für Rüsselsheim. Dafür setzen wir auf die Fertigung profitabler Modelle auf Plattformen der Groupe PSA.“

Hinter der offenbar geplanten drastischen Reduzierung der Fertigungskapazitäten in Rüsselsheim steckt nach Ansicht der IG-Metall-Vertrauensleute die Absicht des Opel-Managements, die Leiharbeit zulasten der Stammbelegschaft „massiv auszubauen“. So steht es in einer Resolution der Vertrauensleute, die dieser Zeitung vorliegt. Als Blaupause für das Opel-Management solle wohl die Praxis aus PSA-Werken dienen. So liege der Anteil der Leiharbeiter in den französischen PSA-Werken teils über 50 Prozent. „Die Menschen werden dabei häufig für ein halbes Jahr eingestellt, ausgepresst, und wenn sie körperlich am Ende sind wieder entlassen“, schreiben die Vertrauensleute in der Resolution weiter. Gleichzeitig würde in geringere technische Fertigungskapazitäten investiert. Sollte das Produktionsvolumen dann wieder steigen, werde dies über „Schichtteams kompensiert, die nahezu komplett aus Leiharbeitskollegen bestehen“. Dagegen laufen die Vertrauensleute Sturm: „Einen systematischen Einsatz auf Stammarbeitsplätzen werden wir nicht akzeptieren und erst recht keine Ausbeutung auf Zeit“, heißt es in der Resolution weiter. In Rüsselsheimer Werk beschäftigt Opel Firmenkreisen zufolge derzeit 80 bis 100 Leiharbeiter. Die Gesamtbelegschaft des Werkes liegt bei knapp 3000 Mitarbeitern.

Astra ist in rückläufigem Segment unterwegs

Die Frage ist auch, wie die Zeit bis zum Astra-Start 2021 in Rüsselsheim gemanagte werden kann. Denn derzeit ist das Werk weit von seiner möglichen Kapazität (im Zweischichtbetrieb) von 180.000 Fahrzeugen pro Jahr weit entfernt. Die Vertrauensleute fordern daher vom Opel-Management Gespräche darüber, wie bis zum Anlauf des Astra „die Unterauslastung überbrückt wird“. Dabei haben die Gewerkschafter das Instrument Kurzarbeit im Visier.

Ein weiteres Problem mit dem Astra: Er ist hinter dem Corsa zwar immer noch das volumenstärkste Modell des Autobauers, das Segment der klassischen Kompaktmodelle ist aber aufgrund des SUV-Booms schon geraume Zeit branchenweit stark rückläufig. So konnte Opel 2017 lediglich knapp 160.000 Exemplare verkaufen. Gegenüber 2018 bedeutet das einen Rückgang von 27 Prozent. Und in diesem Jahr sieht es bislang auch nicht viel besser aus: In den ersten beiden Monaten wurden dem Kraftfahrtbundesamt zufolge in Deutschland rund 7200 Astra zugelassen. 2019 soll das Modell allerdings ein Facelift bekommen.

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