Die Strompreise kennen derzeit nur eine Richtung: aufwärts. Kaum ein Versorger, der nicht an der Preisschraube gedreht hat. Von der Strombörse kommen aber gegenläufige Signale.
Heidelberg (dpa) – Strom war für Privathaushalte in Deutschland noch nie so teuer wie in diesen Tagen. Im bundesweiten Durchschnitt koste eine Kilowattstunde Strom derzeit 29,42 Cent, teilte das Vergleichs- und Vermittlungsportal Verivox in Heidelberg mit.
Auch das Portal Check24 aus München berichtete von einem Rekord beim durchschnittlichen Strompreis, der im März den siebten Monat in Folge gestiegen sei.
In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben laut Verivox etwa zwei
Drittel der 826 Grundversorger in Deutschland die Preise erhöht – und
zwar um durchschnittlich rund 5 Prozent. Für einen
Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000
Kilowattstunden sind das Mehrkosten von rund 60 Euro im Jahr. Für
April und Mai hätten weitere 62 Grundversorger Preiserhöhungen
angekündigt.
Höhere Gaspreise
Auch beim Gas müssen die Verbraucher tiefer in die Tasche greifen.
Der durchschnittliche Gaspreis für private Haushalte ist auf den
höchsten Stand seit drei Jahren geklettert. Für 20 000
Kilowattstunden musste ein Musterhaushalt von drei bis vier Personen
laut Check24 im März 1263 Euro bezahlen. Eine ähnliche
Verivox-Rechnung kommt auf 1220 Euro. Damit seien die Gaspreise
innerhalb eines halben Jahres um fast zehn Prozent gestiegen. Einen
ähnlich raschen Preisanstieg habe es zuletzt 2008 gegeben.
Der Preisanstieg bei Strom und Gas schlägt auch auf die
Inflationsrate durch. Insgesamt lagen die Verbraucherpreise im März
1,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Haushaltsenergie und
Kraftstoffe verteuerten sich nach vorläufigen Zahlen des
Statistischen Bundesamtes im gleichen Zeitraum aber um 4,2 Prozent.
Anhaltend hohe Kosten erwartet
Ein Ende der Preisrunde ist vorerst wohl nicht in Sicht. «Dieser
Anstieg wird sich auch in den kommenden Monaten weiter verfestigen»,
erwartet Valerian Vogel von Verivox für die Entwicklung beim Strom.
Auch Check24 geht bei der Grundversorgung «zunächst von weiter
steigenden Strompreisen aus». Auch beim Gas sollten die Verbraucher
nicht mit Preissenkungen auf breiter Front rechnen, hieß es bei
Check24.
Die Verbraucher bekommen beim Strom mit Verzögerung die im
vergangenen Jahr gestiegenen Beschaffungspreise der Versorger zu
spüren. Nach Zahlen der Bundesnetzagentur lag der Großhandelspreis
für Strom im Durchschnitt des vergangenen Jahres um rund 30 Prozent
über dem Durchschnittspreis für 2017.
In den vergangenen Monaten hat sich der Anstieg an der Strombörse
allerdings verlangsamt und lag unter den Höchstwerten vom Herbst
2018. «Seit dem Höchststand im Oktober 2018 ist der Preis an der
Leipziger Strombörse zur Lieferung im Jahr 2020 um etwa 10 Prozent
gesunken», sagte Fabian Huneke vom Berliner Beratungsunternehmen
Energy Brainpool. Noch stärker hätten allerdings die Kosten für Kohle
und Gas nachgegeben. Sie seien im gleichen Zeitraum sogar um 20
Prozent gefallen. Auch die nach dem warmen Winter in Deutschland für
diese Jahreszeit ungewöhnlich gut gefüllten Gasspeicher wirkten
preisdämpfend.
Steuern und Abgaben beeinflussen Strompreis
Der Großhandelspreis für Strom hat diese Entwicklung aber nur zu
einem Teil mitgemacht. «Das liegt auch an dem nach wie vor hohen
Preisniveau der CO2-Zertifikate von über 20 Euro je Tonne», betonte
Huneke. Stromerzeuger müssen solche Verschmutzungsrechte besitzen,
deren Preise im vergangenen Jahr kräftig gestiegen waren.
Die Rohstoffkosten machen nur etwa 18 Prozent des gesamten
Strompreises aus. Fast 55 Prozent entfallen auf Steuern und Abgaben,
dazu gehört auch die Ökostrom-Förderung. Ein weiteres knappes Viertel
ist für die Kosten der Stromnetze fällig. Auf den Preis für den
Haushaltsstrom hat der Rückgang bei den Großhandelspreisen nach
Einschätzung von Huneke deshalb vorerst keine Auswirkungen. «Dafür
sind die Rückgänge zu gering», sagte der Experte.
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