Politik

Konservative in der CDU: “Wir erwarten jetzt die Asylwende”

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Wenn es um Personen und Ämter ging, wurde in Hamburg in kleinen Tischkabinen gewählt.

Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will eine Art Wiedervereinigung ihrer Partei organisieren. Künftig soll der konservative Flügel wieder eine stärkere Rolle spielen. Ein erstes Signal dazu gab sie auf dem Parteitag in Hamburg, als sie den Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, zu ihrem Generalsekretär machte. Doch vielen Konservativen reicht das nicht. Der Chef der Werteunion – ein Zusammenschluss von Konservativen aus CDU und CSU, über deren Einfluss und Bedeutung es unterschiedliche Darstellungen gibt – sieht das magere Wahlergebnis, das Ziemiak bekam, als Zeichen, "dass die Spaltung der Partei nicht unkritisch ist". Er fordert weitgehende inhaltliche Zugeständnisse der neuen Parteiführung.

n-tv.de: Was sagt die Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer über die CDU aus?

Alexander Mitsch: Ungefähr 50 Prozent der Delegierten wollten, dass es in unserer Partei weitergeht wie bisher. Und es gibt 50 Prozent, die eine Veränderung wollen. Die Partei ist inhaltlich tief gespalten. Das Ergebnis dieser Wahl deutet darauf hin, dass die Partei sich wahrscheinlich auf einen Weg bewegen wird, der sich nur unwesentlich von dem der letzten Jahre unterscheidet.

Ist es nicht ein Zeichen des Entgegenkommens an die Konservativen, dass Kramp-Karrenbauer Paul Ziemiak zu ihrem Generalsekretär gemacht hat, den Chef der Jungen Union?

Das Wahlergebnis von Herrn Ziemiak zeigt, dass dies nicht als ein solches Signal gewertet wird. Er hat ohne Gegenkandidaten nur ungefähr die Hälfte der gültigen Stimmen bekommen.

Waren es enttäuschte Merz-Anhänger, die ihm die Zustimmung verweigert haben, weil sie ihm übel nehmen, dass er das Lager gewechselt hat?

Gut möglich. Dazu kommt, dass dies nicht das Signal ist, als das es gedacht war. Jedenfalls wäre es ein stärkeres Signal gewesen, einen ausgewiesenen Wirtschaftsliberalen oder Konservativen mit dieser Aufgabe zu betrauen. Das schlechte Wahlergebnis von Herrn Ziemiak zeigt, dass die Spaltung der Partei nicht unkritisch ist.

Wen hätten Sie sich gewünscht?

Ich denke, dass zum Beispiel Carsten Linnemann …

… der Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung …

… ein sehr viel besseres Signal gewesen wäre. Und dass er auch ein besseres Ergebnis bekommen hätte.

Was kann Kramp-Karrenbauer tun, um auf die Konservativen zuzugehen?

Wesentlicher als Personen sind uns als Werteunion die Inhalte. Wir würden erwarten, dass klare Signale gesetzt werden, dass die Einwanderungspolitik von Frau Merkel jetzt eine Wende bekommt. Das ist für uns und für viele Konservative das Wichtigste: Machen wir ernst mit der Asylwende? Frau Kramp-Karrenbauer hat das Thema der Beschränkung des Doppelpasses schon angekündigt. Das ist natürlich in unserem Sinn. Aber viel wichtiger ist, dass die Kontrolle über die Grenzen wiederhergestellt wird. Man kann doch nicht ein Wiedereinreiseverbot für ausgewiesene Asylbewerber verhängen wollen und gleichzeitig nicht die Einreise kontrollieren. Und: Wir haben in Deutschland im europäischen Vergleich mittlerweile die höchsten Abgaben und Steuern. Das ist nicht mehr die marktwirtschaftliche Politik von Ludwig Erhard.

Stimmt es, dass es im Merz-Lager Leute gibt, die darüber nachdenken, die CDU zu verlassen?

Auf jeden Fall. Das betrifft nicht die Werteunion, wir haben seit Freitag deutlich mehr Mitglieder gewonnen als verloren – und Mitglied der Werteunion kann man nur als Mitglied von CDU oder CSU oder deren Vereinigungen sein. Aber in vielen Kreisverbänden gibt es Austritte. Am Freitag habe ich gehört, dass binnen weniger Stunden nach der Wahl von AKK in einem baden-württembergischen Bundestagswahlkreis 30 Mitglieder ausgetreten sein sollen.

Woran lag es, dass Friedrich Merz verloren hat?

Merz hat die richtigen Themen adressiert und war auch auf den Regionalkonferenzen deutlich beliebter und erfolgreicher. Viele haben gesagt, die gute Rede von AKK auf dem Parteitag und seine eher schwache Rede hätten den Ausschlag gegeben. Was viel wichtiger ist: Parteitage der CDU haben von ihrer Zusammensetzung her ein gewisses Beharrungsvermögen. Unter den Delegierten sind viele Mandatsträger, die ein Interesse daran haben, dass es so weitergeht wie bisher. Da ist es für einen Herausforderer schwerer.

Unter seinen Anhängern gab es Unmut, weil Merz nicht für ein Parteiamt kandidiert hat. Erwarten Sie, dass er sich weiter in der CDU engagiert?

Ich würde mir natürlich wünschen, dass Herr Merz eine wichtige Position in der Partei übernimmt, weil er wertvolle Akzente setzen könnte. Ich habe aber Verständnis dafür, dass er sich das überlegt – und hätte größten Respekt vor seiner Entscheidung, wenn er sagt, er tut das nicht. Er ist angetreten, die CDU zu verändern. Jetzt, da er nicht Parteivorsitzender geworden ist, wird sein Plan wahrscheinlich nicht umzusetzen sein.

Mit Alexander Mitsch sprach Hubertus Volmer

Hubertus Volmer ist Leiter des Politik-Ressorts von n-tv.de.

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